Die 1990er Jahre: Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen

Trotz Wirtschaftswachstum steigt die Arbeitslosigkeit.. Zunehmende Langzeitarbeitslosigkeit fordert von den gemeinnützigen Einrichtungen zusätzliche Anstrengungen zur Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen.

 

Fortschreitender Strukturwandel in der Wirtschaft, Technisierung der Arbeitswelt und zunehmende Globalisierung der Märkte führte zu einer verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit, v.a. bei älteren Arbeitslosen, solchen mit Gesundheitsproblemen oder fehlender beruflicher Qualifikation. Dies förderte u.a. das weitere Schwellen des Spannungsverhältnisses zwischen Arbeits- und Sozialverwaltung - wer sollte die Kosten für Arbeitsförderung übernehmen? Kennzeichnend war die stärkere Kommunalisierung der Arbeitsförderung, etwa durch Programme der „Hilfe zur Arbeit“ nach dem Bundessozialhilfegesetz.

 

Weitere Folgen waren die Wandlung der Förderprogramme des Bundes, des Landes und der Kommune von temporären zu Regelinstrumentarien. Für die GJB war wichtig, nach dem Ausstieg als Gesellschafter der Neuen Arbeit, eigene Beschäftigungsplätze über die Stadt Stuttgart zu erhalten. Mit 40 neuen Plätzen für Sozialhilfeempfänger/innen erweiterte die GJB das Angebot für Über-25-Jährige. Dieser Trend verstärkte sich mit der Durchführung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose.

 

Parallel zu diesen Maßnahmen war man im Landesprogramm „Jugend-Arbeit-Zukunft“ vertreten und bot mit den „Freiwilligen Gemeinschaftsarbeiten“ auf 60 Plätzen jungen Menschen eine arbeitsweltorientierte Maßnahme im Übergang von der Schule in den Beruf an. Stellvertretend für die weitere Professionalisierung und Differenzierung öffentlich geförderter Beschäftigung wurden diese Qualifizierungsangebote in Handwerk, Küche, Hauswirtschaft und Gärtnerei um das Thema Ausbildung erweitert.

 

So bot die GJB seit Beginn der 90er Jahre bis zu 120 Auszubildenden ausbildungsbegleitende Hilfen im Auftrag des Arbeitsamtes an. Später wurde mit „Arbeiten & Lernen“ das Nachholen des Hauptschulabschlusses möglich. 1991 wurde das Bundesmodellprojekt „Hilfen für Alleinerziehende und ihre Kinder“ gestartet. Unter dem Vorzeichen einer verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Beruf konnten Sozialhilfeempfängerinnen eine duale Ausbildung machen, sie selbst wurden sozialpädagogisch begleitet und deren Kinder in der GJB tagsüber betreut. Insgesamt erreichten mehr als 100 Frauen und ein Mann einen qualifizierten Berufsabschluss.

 

Parallel zur Verstetigung öffentlich geförderter Beschäftigung bildeten sich mit steigender Professionalität drei wesentliche Kernprozesse heraus, die heute noch die alltägliche Arbeit prägen:

  • sozialpädagogische Begleitung

  • persönliche und berufliche Qualifizierung

  • Vermittlung in den Ersten Arbeitsmarkt

Neue innovative Wege wurden in diesem Jahrzehnt ausprobiert. In einer „2. Gründerwelle“ war man mit dem Gemeinnützigen Förderkreis GSF in Meißen (Sachsen) sowie der Aktion Jugendberufshilfe Ostalbkreis (AJO) erstmals auch außerhalb Stuttgarts aktiv. Mit der Gründung der GJB-SpecialTours wurde den vielen internationalen Kontakten in der Jugend- und Kulturarbeit Rechnung getragen. 1991 wurde gemeinsam mit dem PARITÄTISCHEN Wohlfahrtsverband und weiteren 20 Sozialunternehmen die Gesellschaft für Sozialintegration (GSI), die Beratung und konzeptionelle Hilfestellung für Beschäftigungsinitiativen bietet, gegründet.

 

Rückblickend auf die 90er Jahre lässt sich für die GJB feststellen, dass sie durch das Suchen und Finden neuer, manchmal auch unkonventioneller, Wege zu einem anerkannten Dienstleister der Arbeitsförderung nicht nur in Stuttgart wurde, der sich nicht nur mehr auf Jugendsozialarbeit beschränkte, sondern sich als Einrichtung für alle von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Personengruppen verstand.