Die 2000er Jahre: Gemeinwohlarbeit und Beschäftigungsfähigkeit

Das Leitbild einer aktivierenden Arbeitsmarktpolitik zeichnet das „moderne“ Selbstverständnis des Sozial- und Wohlfahrtsstaates. Dies hatte auch auf die Entwicklung der GJB gravierende Auswirkungen.

 

Seit 2003 strukturierten die „Gesetze für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ die Arbeitsmarktpolitik neu. Leitmotiv war: „Eigenaktivitäten auslösen – Sicherheit einlösen“. Diese Grundformel einer engen Verknüpfung von aktiven und passiven Elementen im Sinne eines Förderns und Forderns gründet sich auf der amerikanischen Workfare-Strategie: Sie bezieht sich auf Programme, bei denen von Hilfeempfängern verlangt wird, als Gegenleistung für soziale Leistungen Arbeit zu verrichten.

 

Dieses neue sozialstaatliche Verständnis hatte selbstverständlich auch auf die Angebote der GJB Auswirkungen. Der Kern der Qualifizierungs- und Beschäftigungsprojekte in der „Hilfe zur Arbeit“ wurde von der Entgelt- auf die Mehraufwandsvariante konzentriert. Nach Einführung des Sozialgesetzbuches II, der „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ werden nunmehr gemeinnützige Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung umgesetzt. Um den Bestand des Unternehmens zu sichern, musste die Teilnehmerzahl verdoppelt werden. Aktuell nehmen etwa 250 Langzeitarbeitslose aller Altersgruppen in den Arbeitsgelegenheiten teil. Um den Arbeitslosen bedarfsgerecht geeignete Projekte zur Verfügung zu stellen, folgte in den vergangenen Jahren eine Binnendifferenzierung und die Erschließung neuer Arbeitsfelder. So stehen in allen Branchen jeweils mehrere, stufenförmig aufgebaute Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekte zur Verfügung.

  • Handwerk: vom niedrigschwelligen Öko-Naturschutz-Projekt bis zu den etablierten Instandsetzer-, Maler-, Schreiner- und Gärtnerprojekten
  • Büro: vom Kaufmännischen Projekt über das Projekt Zweitleser bis hin zu Einzelqualifizierungsplätzen
  • Dienstleistungen: von Einfachprojekten wie Hauswirtschaft, Wäscherei und Küche bis hin zu personenbezogenen Dienstleistungen wie Nachbarschaftshilfe und Betreuung von Demenzkranken

Auch die Angebotsstruktur in der Jugendberufshilfe wandelte sich: Bedingt durch die Ausschreibungspraxis der Agentur für Arbeit gingen die ausbildungsbegleitenden Hilfen und damit der Bildungsbereich verloren. Mit Einstellung der Landesprogramme änderten sich auch die Angebote für junge Menschen im Übergang von der Schule in das Erwerbsleben. Statt freiwilliger Gemeinschaftsarbeiten gab es nun Qualifizierungs-ABM, JumpPlus und das Jugendarbeitsprojekt „400 plus Zukunft“, welches als Nachfolgeprojekt von „Arbeiten & Lernen“ weiterhin den nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses ermöglicht. Markantes Kennzeichen dieser schleichenden Veränderungen war das 2002, gemeinsam mit 9 weiteren Sozialunternehmen aus Baden-Württemberg begonnene „Netzwerk 48 plus“, welches betriebliche Ausbildung für chancenarme junge Menschen zu einem innerbetrieblichen Normalkonstrukt im Sozialunternehmen machte.

 

Hiermit wird ein weiterer Aspekt der organisatorischen Weiterentwicklung der GJB deutlich. Die Erschließung additionaler Fördermittel des ESF auf Landesebene, wie bei 48plus oder auf Bundesebene mit dem XENOS-Projekt „Kess das Kompetenzzentrum“ beim Bundesarbeitsministerium sowie dem Jobstarter-Projekt „CASAnet“ beim Bundesministerium für Bildung und Forschung haben nachhaltige Auswirkungen auf die methodischen und organisatorischen Strukturen der GJB.

 

Neben den Impulsen durch Gesetzesänderungen wirken auch gesellschaftliche Entwicklungsprozesse zunehmend auf die GJB. So bedingt die demografische Entwicklung und der Wandel im Gemeinwesen einen steigenden Bedarf an gemeinwohlorientierten Ansätzen der Beschäftigungsförderung.